Anemo-orografische Systeme

Dieses Naturphänomen beschrieb für die Weltwissenschaft im Riesengebirge erstmals Prof. Jan Jeník. Die Theorie der anemo-orografischen Systeme erklärt er als bemerkenswertes Zusammenspiel der Naturgewalten – des Windes, des Schnees, der Lawinen und der einstigen Gletscher, das in der gesetzmäßigen Gestaltung der lebenden Natur der dem Wind zugewandten und der windgeschützten Gebirgshänge in Erscheinung tritt und unter anderem den einzigartigen Reichtum der botanischen Gärten des Riesengebirges bedingt.

Sněžné jámy
Sněžné jámy

Die Windströme, die durch die dem Wind zugewandten Täler der Mumlava, der Weißen Elbe (Bílé Labe) oder des Baches Dolský potok aufsteigen, erhöhen aufgrund der sich verengenden Profile der Täler ihre Geschwindigkeit, und zwar auch bei einer Strömung über den Bergplateaus der Wiesen Labská, Pančavská, Bílá und Čertova louka.   Die starken Windströme fallen dann unter Entstehung mächtiger Turbulenzen in den Windschatten der Gletscherkare der Bingen (Gruben) Kotelní, Labské, Sněžné und Studniční jámy, in die Úpská jáma oder jámy Stawů. Über Jahrtausende strömen diese lokalen Winde auf immer gleichen Wegen, indem sie so in grundsätzlicher Weise Einfluss auf die Orte des Niedergangs der Niederschläge als Regen oder Schnee und die Bildung von Schneelawinen haben. Die Lawinenhänge sind daher ohne Bewaldung, es gibt hier Licht, Sonne, Windschatten und genügend Feuchtigkeit aus den über lange Zeit liegenden Schneefeldern. Die Winde transportieren so von der Wetterseite in den Windschatten auch die Samen der Pflanzen, Kleintieren und Teilchen des Bodens aus nahen und entfernteren Gegenden.  Im Windschatten der Gletscherkare funktioniert sie so eine „gewisse Müllkippe“, bestehend aus der vielfältigsten Natur des gesamten Gebirges.   In der Fachliteratur wird dieses Phänomen mit dem Terminus anemo-orografische Systeme gekennzeichnet. Entdeckt und für die Weltwissenschaft ausführlich beschrieben wurde es gerade hier, im Riesengebirge.